Alte Hirtenwege im Lötschental - der Plattäweg

 

Viele Besonderheiten der Kulturlandschaft sind im Lötschental in den letzten Jahrzehnten verschwunden. Als erstes wohl die Suonen für die Bewässerung der Felder in trockenen Sommern. Später auch die Gersten- Kartoffel- und Roggenäcker, welche jeweils im Herbst den Talgrund wie

einen goldgelbenen Flickenteppich überzogen haben.

Mit der Aufgabe des „Hirtuns“ in tiefer gelegenen Stallscheunen nach der Alp-Sömmerung sind im Tal

auch die meisten Pfade und Wege verschwunden, die von unseren Vorfahren für die Versorgung des

Viehs in den ersten Wintermonaten täglich begangen wurden.

Einer dieser Wege war und ist der Plattäwäg. Dank Stützmauern ist er auch heute noch relativ sicher

zu wandern. Er führt von „Fischtertellä“ auf der rechten Faldumbachseite in Serpentinen hinauf bis in

die „Faldummattä“.

Ganz am Anfang im Ried wachsen seltene Laubbäume in einer prachtvollen Artenvielfalt. Neben Aspen,

Birken, Ahorn und Eberesche wächst hier der Bergmehlbaum. Er ist im Lötschental und im Wallis nur

vereinzelt zu finden. In Zeiten der Not haben die Menschen seine kirschroten Beeren gemahlen und

als Mehlersatz zum Brotbacken verwendet.

Am Waldrand lugen rostige Ankerschrauben aus löchrigen Fundamenten. Hier stand die Kohleseilbahn

von „Fischtertellä“ ins „obere Wolfart“. Es sind Zeugen aus der Zeit des Bergbaus im Lötschental. Im

Krieg war Kohle rar und teuer, mancher Lötschentaler hat für ein paar Franken sein Leben in den

staubigen Stollen verloren. In globaleren Zeiten war dann mit so wenig Kohle keine „Kohle“ mehr zu

machen.

Am Wegrand auf halber Höhe steht eine der

mächtigsten Lärchen des Lötschentales. Mit giftgrüner

Wolfsflechte an der Rinde und tentakelähnlichen Ästen

wacht der Charakterkoloss über das Tal, welches hier

von Süden her kommend einen markanten Bogen nach

Nordosten vollzieht.

Der Plattäwäg wird wohl nie eine touristische

Attraktion werden. Der Weg ist steil, hart, und unerbittlich, aber die Mühe lohnt sich. Fast jede Kehre

hat ihre Geschichte, eine heisst „Bluätcheer“ und aus einer andern wurde eine Älplerin vom

„Loiwintiär“ in die Tiefe gerissen. Wie durch ein Wunder überlebte sie und konnte, im Ort genannt

„Schoss“, aus der Faldumbachlawine befreit werden.

Mit einem Rucksack voller Eindrücke kommt der Wanderer auf den Matten unterhalb der Faldumalp

an. Der Ausblick ins Tal ist atemberaubend. Hier haben die Hirten die Nächte verbracht. Jeden Tag

brachten sie die Milch ins Tal und am Abend sind sie wieder hoch gestiegen. Die obersten Windungen

müssten eigentlich „Schweisscheera“ heissen.